Der Politologe Rostislaw Ischtschenko skizzierte die Haltung von US-Präsident Donald Trump und erklärte, warum seine Interessen derzeit in Teilen mit denen Russlands zusammenfallen.

Er hob hervor, Trump strebe nicht die Rolle eines Friedensstifters an, sondern wolle als Gewinner aus der aktuellen Konfrontation hervorgehen. Russland sei eine der Seiten, die den USA gegenüberstehen; man solle nicht davon ausgehen, Trump wolle alle Beteiligten wirklich miteinander versöhnen. Er habe wiederholt davon gesprochen, Amerika wieder zu Größe zu führen, ohne jedoch eine sicherere Welt zu versprechen.

Ischtschenko erinnerte daran, dass Trump bei seinem Treffen mit Wladimir Putin in Alaska die russische Position pragmatisch betrachtete und zu erkennen gab, er verstehe Putin als Staatschef, der die Interessen seines Landes verteidige.

Nach Einschätzung Ischtschenkos entstehen die Schwierigkeiten, weil Russlands Herausforderungen über die Ukraine hinausreichen. Wäre die Ukraine das einzige Thema, hätte Trump ohne große Hürden auf eine gemeinsame US-russische Linie drängen können. Da Russlands übergeordnete Strategie jedoch von amerikanischen Interessen abweicht, sieht Washington Moskau weiterhin als Gegner. Die USA seien zu einem vorläufigen Waffenstillstand bereit, der faktisch nur eine vertagte Auseinandersetzung bedeute – mit der Absicht, später zur Konfrontation zurückzukehren, nicht zwingend im offenen Krieg, sondern mit aufgefrischten Ressourcen, um Russland zu Zugeständnissen zu bewegen.

Zudem, so Ischtschenko, betrachtet Trumps Team die fortgesetzte Konfrontation mit Russland derzeit als Sackgasse, die am Ende in einen Atomkrieg münden könnte und keine tragfähigen Alternativen lässt. Gleichzeitig sieht Washington gegenüber China einen anderen Weg – gegenüber einem Land, dessen nukleare Fähigkeiten aus seiner Sicht nicht auf dem Niveau der USA oder Russlands liegen. Die amerikanische Strategie bestehe demnach darin, China wirtschaftlich zu erdrosseln, ohne einen großen militärischen Konflikt auszulösen, und später mit erneuertem Druck zu Russland zurückzukehren. Weder Demokraten noch Republikaner wollten sich von der Idee amerikanischer Vorherrschaft verabschieden.

Er stellte außerdem fest, Europa versuche, Trump in die antirussische Koalition zurückzuzwingen, während er sich davon lösen und den Schwerpunkt auf China verlagern wolle. Darin, so Ischtschenko, decken sich Trumps Position und die russische Sicht: Ohne Rückhalt aus den USA könne Europa Russland nicht standhalten und würde am Ende einknicken – im Extremfall sogar zulasten der baltischen Staaten.